Haushaltsrede der Nördlinger Frauenliste und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Lieber Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Ortssprecher, liebe Mitarbeiter der Verwalter, liebe Gäste, wir beide [Sonja Dürr und Wolfgang Goschenhofer Anm. d. R.]haben für Sie eine gemeinsame Stellungnahme vorbereitet: Die Ar

02.04.09 –

In guten wie in schlechten Zeiten: Herr Kugler und sein Team leisten hervorragende Arbeit. Dafür will ich im Namen der Frauenliste und der Nördlinger Grünen recht herzlich danken. Wir erwähnen dies ganz bewusst, weil Herr Kugler in seiner Darstellung der aktuellen Finanzlage deutliche Worte findet, die wir alle leider oft nicht wahrnehmen wollen. Ich darf einiges von ihm anführ

  • Ab 2010 ist mit einem erheblichen konjunkturbedingtem Steuerausfall zu rechnen.

  • Das Konjunkturpaket II ist keine Großtat der Bundesregierung für die Kommunen, da der Staat im Ausgleich einen "... weiteren Rückgang der gemeindlichen Steuereinnahmen ..." einleitet. Unsere Meinung dazu: Das wird im besten Fall eine "Nullnummer"!

  • Wir haben eine "... völlig unbefriedigende Situation bei der Zuführung vom Verwaltungshaushalt, da das Investitionsvolumen nur zu 11% darüber finanziert wird ..." Achtung: Im Übrigen sinkt der Ansatz im Jahr 2010 auf 0%!

  • Der Stadtkämmerer spricht von einem "...ehrgeizigem Investitionsvolumen von 10,7 Mio.EUR ..." das im nächsten Jahr auf über 12 Mio.EUR ansteigt.

  • Der Ausgabendruck wird sich durch die bereits beschlossenen, zusätzlichen Einrichtungen wie - Parkhaus und Omnibusbahnhof, Turnhalle Löpsingen, Geopark-Infozentrum weiter erhöhen.

  • Da muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
    "...Wichtige Dauerinvestitionen wie St.Georgskirche, Stadtmauer oder der städt.Eigenanteil bei der Städtebauforderung können angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise künftig nicht mehr aufgebracht werden.

  • Zusätzliche Einrichtungen seien nicht mehr verkraftbar, da sonst den nachfolgenden Generationen ein nicht verantwortbarer Schuldenberg hinterlassen werde.

  • Zum Schaden an der Ostumgehung:
    Würden die in den Haushalten 2010 und 2011 veranschlagten Schadenersatzleistungen von jeweils 1,25 Mio.EUR nicht eingehen, hätte "... dies einschneidende Folgen für die vorgesehenen Investitionsmaßnahmen der nächsten Jahre !!! ..."

Das Ergebnis des Kämmerers lautet wie schon die Jahre (leider nur im Finanzplan 2008-2011 nicht berücksichtigt) zuvor: "...Ein mittelfristiges Zurückfahren der Investitionen auf Normalmaß (max.5 Mio.EUR p.a.) ist unerläßlich ..." Frei nach Goethe fällt uns dazu ein: "Die Warnung hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Verehrte Kolleginnen und Kollegen: Das Haushaltsjahr 2009 ist aus einem bestimmten Grund besonders erwähnenswert. Die Stadt Nördlingen wird Ende 2010 all Ihre Rücklagen aufgebraucht haben. Dies dürfte in der jüngeren Historie wohl einmalig in der Geschichte der Stadt sein. Auf den massiven Zuwachs unserer Gesamtverschuldung werde ich anschließend noch eingehen. Wie soll es weitergehen? Wir laden Sie auf eine kurze finanzpolitische Geisterfahrt in die Haushaltsabgründe der Stadt Nördlingen ein. Uns schauert es bei dem Gedanken, was auf die Bürgerinnen und Bürger zukommen wird: Die tatsächliche Verschuldung, ich betone "tatsächliche Verschuldung (ohne Inneres Darlehen an die Stadtwerke)" - also der Saldo aus reinem Schuldenstand und Rücklagen - lag zum 31.12.2008 bei minus 65.-EUR/Einwohner. Diese werden sich im Jahr 2012 auf minus 722 € /Einwohner erhöhen. Wir sprechen hier von einer Steigerung von mehr als 1.100 % !!! Trotz der Meinung des Kämmerers, die Investitionen auf ein "Normalmaß" mit max. 5 Mio.EUR zurückzuführen, wird dies im Investitionsplan leider überhaupt nicht berücksichtigt; denken Sie an die 12 Mio.EUR nächstes Jahr. Wenn nicht jetzt - wann dann muss die Stadt einen anderen Weg einschlagen? Es wird immer von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit gesprochen. Aber wir bürden gerade unseren Kindern die Schulden auf, die wir heute machen! Was ist das Gefährliche an der heutigen Situation? Wir verabschieden zwar offiziell den Haushalt 2009 - in Wirklichkeit geht es um die Genehmigung der nächsten vier Jahre! Mit dem Haushalt 2009 brauchen wir uns um Details in den nächsten Jahren nicht mehr viel Gedanken machen. Die Weichen sind gestellt. Darüber sollten wir uns alle hier im Klaren sein. Spielräume sind keine mehr vorhanden. Hier und genau hier, haben wir große Sorgen, dass die Stadtentwicklung abgewürgt wird. Genau hier müssen wir ansetzen und planmäßig nach unten kommen. Was im Bund und in jeder Familie gilt, das gilt auch hier: Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben als man einnimmt! Konkret heißt das:

Ein Parkhaus am Bahnhof ist nicht zu finanzieren - dies geht zu Lasten von Schuldenaufnahmen in den folgenden Jahren bzw.zum Abschmelzen des Barvermögens der Stadt von weit über 1 Mio.EUR. Die Hallenbadsanierung würde somit für das Parkhaus geopfert! Nicht vorhandenes Geld in Parkplätze zu stecken und damit sinnvolle Investitionen und Schuldentilgung zu blockieren führt in die Sackgasse bzw.um im Bilde zu bleiben schnurstracks in eine Geisterbahn ohne Ausgang!

Zu den unseren Alternativen gleich noch mehr. Gleich danach taucht so eine Art Vampir auf. Es handelt sich um die Erhöhung der Hallenbad- und Freibadgebühren, die alles andere wie familienfreundlich sind und - wenn überhaupt - den Haushalt nur im Promillebereich entlasten. Hier wird wiederum der falsche Weg eingeschlagen. Wir haben versucht mit unseren Anträgen für den Etat 2009 einen anderen Weg zu gehen. Das eine Reiseziel ist 1.eine Familienfreundliche Stadt: Hierzu gehören nach unserer Auffassung die Stärkung von Familien u.a.durch ...

  • Die Einführung eines kostenfreien Kindergartenjahres

  • Die Einführung eines Familienpasses (Aufwand ca. 5.000.- EUR)

  • Und die zusätzliche Familienförderung beim Bauen und Sanieren in der Altstadt


Das familienpolitische Programm der Stadt mit 50.000.-EUR/Jahr wurde im ersten Jahr gar nicht ausgeschöpft - für uns ein Beweis, dass es am Bedarf vorbeiging - und somit alles andere wie ein Erfolg ist. Wir wollen auch daher andere Schwerpunkte.
und 2. ein Ökologisches Nördlingen:

  • Zusätzliche Maßnahmen zur energetischen Sanierung von 300.000.-/Jahr: Der wirtschaftliche Vorteil für die Stadt ist die Verringerung der Energiekosten mit kurzen Amortisationszeiten und CO2-Einsparung. Immerhin steigen die Energiekosten von ca. 600.000.- um ca.20% im Jahr 2009.

  • Einstellung eines Energiemanagers oder -managerin mit 80%-iger Finanzierung über das Programm der Bundesregierung "Klimaschutzkonzepte auf kommunaler Ebene"

  • Gesamtkonzept zur Sanierung städt.Gebäude (nicht wie beim Hallenbad/Mehrzweckhalle: zuerst Heizung und dann energetische Sanierung, sondern mit einem Gesamtkonzept in der richtigen Reihenfolge!)

Die städtischen Gebäude sind energetisch teilweise in einem schlechten Zustand. Schulen, öffentliche Gebäude und Hallen sind stark in die Jahre gekommen.

Deshalb muss es das Ziel sein, den Kern unserer Infrastruktur fit zu machen und zu halten. Die Frage dazu lautet auch: Führen Investitionen zu neune Folgekosten oder führen sie im Gegenteil zu einer dauerhaften Haushaltsentlastung?

Bei der Stadtplanung gilt es, sich auf den Bestand und Baulücken zu konzentrieren. Statt immer weiter neue Baugebiete mit noch mehr zu unterhaltenden Strassen und Versorgungsleitungen zu planen, wollen wir die Rahmenbedingungen für den Generationenwechsel in den vorhandenen Wohngebieten fördern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Wo ist nun das Positive in diesem Haushalt zu finden?

  • Gut angelegt sind die Investitionszuschüsse für die neuen KiTa´s - allerdings handelt es sich dabei um einen staatlichen Auftrag, der erfüllt wird.

  • Wir sind froh, dass der Abbruch der Döderlein-Werkstätten mit ca. 300.000.- EUR nicht im Jahr 2009 realisiert wird. Dafür ist kein Geld da.

  • Positiv ist für uns auch die Realisierung der Turnhalle Löpsingen: Ein wichtiges Gebäude und Einlösen eines Versprechens für die Löpsinger, das auch für Entlastung der anderen städtischen Hallen sorgt. Wir standen von Anfang an dazu, dass das Geld dort sinnvoll angelegt ist.

  • So sehen wir in der Ausweitung der Fußgängerzone auf den gesamten Marktplatz - eine Maßnahme, die keinen EURO kostet - im Übrigen eine Maßnahme, die nichts kostet und mit kreativen Ideen gespickt - ich betone: dabei denken wir nicht zwangsläufig an eine Verlagerung des Wochenmarktes - eine Belebung der gesamten Innenstadt zur Folge haben wird.

Wenn es positiv ist, dass die Nettoneuverschuldung mit 0,3 Mio.EUR so niedrig wie noch nie im Jahr 2009 ausfällt, so kann man das nach außen so darstellen. In Wirklichkeit stimmt diese Betrachtungsweise natürlich nicht, da dies nur durch den Griff in die Rücklagen mit 4 Mio.EUR funktioniert. Die eingangs zitierte drastisch beschriebene und ehrliche Darstellung des Kämmerers, in dem er die "Gespenster an die Wand malte" entspricht vollumfänglich auch unserer Einschätzung. Wir wollen verhindern, dass uns ein Finanzgespenst in der Zukunft derart einschränkt, dass eine Entwicklung der Stadt unmöglich wird. Genau dies sehen wir jedoch in der Finanzplanung für die nächsten vier Jahre gegeben. Wir werden seine Arbeit und die des Stadtrates bis 2014 an Hand der folgenden sechs Punkte messen:

  • Wir erwarten umfassende Schritte zu einer familienfreundlichen Stadt

  • Gelingt es die Schulden nennenswert zurück zu führen?

  • Wir hoffen auf konkrete Schritte zu einer Energiewende mit ehrgeizigen Klimaschutzzielen durch den  Ausbau alternativer Energieträger.

  • Wir wollen eine Diskussion mit allen Bürgern beginnen, um Visionen und daraus Ziele für die Stadtentwicklung festzulegen

  • Wir sehen ein neu zu erstellendes Verkehrsentwicklungskonzept mit einer Schwerpunktsetzung für Radfahrer, Fußgänger und den öffentlichen Nahverkehr als wichtig an.

Und als 6. und letzten Punkt fordern wir einen neuen Faktor in der Stadtentwicklung einzuführen: Die Kreativität! Nördlingen muss versuchen, kreative Menschen anzuziehen, auszubilden und dauerhaft zu halten, denn dieses Potential entscheidet auch über unser ökonomisches Wachstum. Wir müssen das Bürgerengagement politisch wollen, durch entsprechende Angebote anreizen und anerkennen. Nur so werden wir eine Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt erreichen. Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, gemeinsam die nächsten Jahre das Kreativpotenzial der Menschen in unserer Stadt durch neue und manchmal auch unkonventionelle Methoden zur Lösung der vor uns liegenden Aufgaben fördern. Verehrte Kolleginnen und Kollegen: Zusammenfassend stellen wir fest: All unsere Anträge im Vorfeld der Haushaltsberatungen wurden - bis auf die Antragsstellung für einen Beitritt zur Klimaschutzinitative - vom Stadtrat abgelehnt. Das wenige Geld, das wir heuer und in den nächsten Jahren zur Verfügung haben werden, sollten wir vor allem in die Familien und in eine konsequente ökologische Ausrichtung Nördlingens und nicht in Parkhäuser (dabei denken wir auch an die unsinnige Idee mit der Brettermarkt-Tiefgarage) investieren. Wir sehen all diese Schwerpunkte leider im Haushaltsentwurf für 2009 nicht abgebildet. Insgesamt haben wir mittelfristige Einsparungen von rund 3 Mio. Euro im Blick, die überdies die laufenden Folgekosten reduziert hätten. Das wäre die Minimalantwort auf die dramatische Haushaltssituation der nächsten Jahre gewesen.

Stattdessen belasten wir in unverantwortlicher Art und Weise unsere Kinder und Enkel, die auf Grund der Demographie zusätzlich auch noch weitaus höhere Soziallasten werden tragen müssen als wir, mit immer mehr Zinsen.

Deshalb schließen wir mit einem weiteren Goethe-Zitat aus dem "Faust": "Nein es gibt Grenzen, Grenzen, die man nicht überschreiten darf".

Wir sagen ein klares "Nein" und werden den Haushalt 2009 und die mittelfristige Finanzplanung ablehnen. Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Sonja Dürr, Wolfgang Goschenhofer (Es gilt das gesprochene Wort)

Von: W. Goschenhofer

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