Konkrete Maßnahmen statt konsequenzlose Programmsätze!

Wir empfehlen: 5 mal Nein zu den Verfassungsänderungen!

27.08.13 –

Am 15. September 2013 können die WählerInnen in Bayern nicht nur bestimmen, wer im Landtag sitzen wird und wie die Bezirkstage aussehen, sondern auch, ob die Verfassung geändert wird. Wir GRÜNE empfehlen: Stimme mit "Nein"!

Volksentscheid 1: "Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen"

Das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern, das beim Volksentscheid 1 zur Abstimmung unterbreitet wird, sieht vor, die Förderung und Sicherung gleichwertiger (nicht gleichartiger) Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Dabei soll klar gestellt werden, dass dies für ganz Bayern gilt, und zwar für ländliche und städtische Gebiete gleichermaßen.

Bisheriger Verfassungstext
Artikel 3
Entwurf des neuen Verfassungstextes
Artikel 3
(1) 1 Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. 2 Er dient dem Gemeinwohl.(1) 1 Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat 2 Er dient dem Gemeinwohl.
(2) Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung.(2) 1 Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung. 2 Er fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land.

Die Förderung des ländlichen Raumes könnte - ohne aufwändige und folgenlose Verfassungsänderungen - konkret durch ein sinnvolles LEP (Landesentwicklungsprogramm) erfolgen. Gerade hier hat aber aktuell die schwarz-gelbe Staatsregierung versagt und alle wichtigen gesellschaftlichen Gruppen gegen sich aufgebracht (Gewerkschaften, Wirtschaft, Kommunen und Verbände). Es ist sehr wichtig, dass der ländliche Raum nicht abgehängt wird. Die konkrete Politik der Staatsregierung konterkariert allerdings das, was hier über den Volksentscheid 1 in die Verfassung aufgenommen werden soll.

Volksentscheid 2: "Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl"

Das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern, dass bei Volksentscheid 2 zur Abstimmung unterbreitet wird, sieht vor, die Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Dieses Ziel soll sich sowohl an den Staat als auch an die Gemeinden richten.

Bisheriger Verfassungstext
Artikel 121
Entwurf des neuen Verfassungstextes
Artikel 121
1 Alle Bewohner Bayerns sind zur Übernahme von Ehrenämtern, insbesondere als Vormund, Waisenrat, Jugendpfleger, Schöffe und Geschworener verpflichtet. 2 Das Nähere bestimmen die Gesetze.1 Alle Bewohner Bayerns sind zur Übernahme von Ehrenämtern, insbesondere als Vormund, Waisenrat, Jugendpfleger, Schöffe und Geschworener verpflichtet. 2 Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl. 3 Das Nähere bestimmen die Gesetze.

Die Stärkung des Ehrenamtes kann nicht durch einen Satz in der Landesverfassung geschehen, sondern braucht konkrete Maßnahmen, wie z. B. eine sinnvolle Regelung zur Freistellung am Arbeitsplatz und Steuerbefreiungen für AbsolventInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres. Es soll ein Programmsatz in die Verfassung geschrieben werden, wobei jedoch konkrete Anträge zur Verbesserung der Situation der Ehrenamtlichen jeweils von der Landtagsmehrheit abgelehnt wurden.

Volksentscheid 3: "Angelegenheiten der Europäischen Union"

Das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern, das bei Volksentscheid 3 zur Abstimmung unterbreitet wird, sieht vor, dass der Landtag die Staatsregierung in ihren Aufgaben bei der Übertragung von Gesetzeszuständigkeiten Bayerns auf die Europäische Union durch Gesetz binden kann. Außerdem soll geregelt werden, dass die Staatsregierung Stellungnahmen des Landtags zu Vorhaben der Europäischen Union, die Gesetzgebungszuständigkeiten Bayerns unmittelbar betreffen, maßgeblich zu berücksichtigen hat. Die Pflicht der Staatsregierung, den Landtag in Angelegenheiten der Europäischen Union zu informieren, soll ausdrücklich in die Verfassung übernommen werden.

Bisheriger Verfassungstext
Artikel 70
Entwurf des neuen Verfassungstextes
Artikel 70
(1) Die für alle verbindlichen Gebote und Verbote bedürfen der Gesetzesform.(1) Die für alle verbindlichen Gebote und Verbote bedürfen der Gesetzesform.
(2) Auch der Staatshaushalt muss vom Landtag durch formelles Gesetz festgestellt werden.(2) Auch der Staatshaushalt muss vom Landtag durch formelles Gesetz festgestellt werden.
(3) Das Recht der Gesetzgebung kann vom Landtag nicht übertragen werden, auch nicht auf seine Ausschüsse.(3) Das Recht der Gesetzgebung kann vom Landtag nicht übertragen werden, auch nicht auf seine Ausschüsse.
 (4) 1 Über Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Staatsregierung den Landtag zu unterrichten. 2 Ist das Recht der Gesetzgebung durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union betroffen, kann die Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben durch Gesetz gebunden werden. 3 Ist das Recht der Gesetzgebung durch ein Vorhaben der Europäischen Union betroffen, hat die Staatsregierung bei ihren verfassungsmäßigen Aufgaben die Stellungnahmen des Landtags maßgeblich zu berücksichtigen. 4 Das Nähere regelt ein Gesetz.

Zum Punkt der Mitbestimmungsrechte des Landtages gegenüber der Staatsregierung im Bundesrat im Hinblick auf Angelegenheiten der Europäischen Union folgen wir einem Teil der Experten auf unserem Fachgespräch, die diese Änderung für verfassungswidrig oder zumindest für folgenlos halten, da dies Angelegenheit allein der Bundesverfassung sei - es müsste also das Grundgesetz geändert werden.

Volksentscheid 4: "Schuldenbremse"

Das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern, das bei Volksentscheid 4 zur Abstimmung unterbreitet wird, sieht vor, in der Verfassung, wie schon nach dem Grundgesetz, ab dem Haushaltsjahr 2020 zu verbieten, neue Schulden aufzunehmen (keine Nettokreditaufnahme). Von dem Verbot soll nur abgewichen werden können, um einer negativen konjunkturellen Entwicklung entgegen zu wirken.

Eine Kreditaufnahme soll ansonsten nur bei Naturkatastrophen und anderen außergewöhnlichen Notsituationen zulässig sein, um die Handlungsfähigkeit des Landes zur Krisenbewältigung zu gewährleisten. In diesen Fällen ist eine entsprechende Tilgungsregelung und Rückführung binnen eines angemessenen Zeitraums vorzusehen.

Bisheriger Verfassungstext
Artikel 82
Entwurf des neuen Verfassungstextes
Artikel 82
1 Im Wege des Kredits dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf beschafft werden. 2 Alle Kreditbeschaffungen und Kreditgewährungen oder Sicherheitsleistungen zu Lasten des Staates, deren Wirkung über ein Jahr hinausgeht, erfordern ein Gesetz.(1) Der Haushalt ist grundsätzlich ohne Nettokreditaufnahme auszugleichen.
 (2) 1 Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung kann von Abs. 1 abgewichen werden. 2 In diesem Fall sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen.
 (3) 1 Bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von Abs. 1 abgewichen werden. 2 Hierfür ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. 3 Die Kredite sind binnen eines angemessenen Zeitraums zurückzuführen.
 (4) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz.
 (5) Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

Zur Schuldenbremse bevorzugen wir einfache gesetzliche Regelungen und haben einen Entwurf dafür vorgelegt. Es ist ein wichtiges Ziel, dass solide Staatshaushalte auf den Weg gebracht werden. Dafür wäre es aber Voraussetzung, dass statt vieler Schattenhaushalte Klarheit im Etat hergestellt wird. Auch für diese Verfassungsbestimmung gilt, dass konkrete Politik notwendig wäre, statt eines weiteren Placebos im Verfassungstext - zumal hier bereits die Schuldenbremse des Grundgesetzes gilt und einzuhalten ist.

Volksentscheid 5: "Angemessene Finanzausstattung der Gemeinden"

Das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern, das bei Volksentscheid 5 zur Abstimmung unterbreitet wird, sieht vor, den nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bestehenden Anspruch der Gemeinden und Gemeindeverbände gegen das Land auf eine angemessene Finanzausstattung in der Verfassung ausdrücklich wiederzugeben, wobei der Anspruch von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates abhängig ist.

Bisheriger Verfassungstext
Artikel 83
Entwurf des neuen Verfassungstextes
Artikel 83
(2) 1 Die Gemeinden sind verpflichtet, einen Haushaltsplan aufzustellen. 2 Sie haben das Recht, ihren Bedarf durch öffentliche Abgaben zu decken.(2) 1 Die Gemeinden sind verpflichtet, einen Haushaltsplan aufzustellen. 2 Sie haben das Recht, ihren Bedarf durch öffentliche Abgaben zu decken. 3 Der Staat gewährleistet den Gemeinden im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit eine angemessene Finanzausstattung.

Die finanzielle Ausstattung der Kommunen wird nicht durch einen implizit ohnehin schon in der Verfassung enthaltenen Satz verbessert, sondern durch ein transparentes Verfahren beim Kommunalen Finanzausgleich.

Für alle Änderungen ist zu befürchten, dass sie selbst von den vier antragstellenden Fraktionen (CSU, FDP, SPD, Freie Wähler) nicht besonders ernst genommen werden, da im Gesetzentwurf selbst steht: "Kosten: keine".

Wenn die Verfassungsänderung den Freistaat kein Geld kostet, kann sie also auch dem ländlichen Raum, den Ehrenamtlichen und den Kommunen kein Geld bringen.

Mehr Informationen und Positionen findest Du bei der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN.

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